von Robert
Bischoff
Für
eine erfolgreiche Teilnahme an der Medizinisch-Psychologischen
Untersuchung (MPU) ist es in der Regel nötig, dass der alkohol- bzw.
drogenauffällige Kraftfahrer seine Alkohol- und/oder Drogenfreiheit
(Abstinenz) nicht erst zum Zeitpunkt der MPU, sondern bereits über
einen ausreichend langen Zeitraum vor
der MPU nachweisen kann. In Bezug
auf den in Ihrem individuellen Fall erforderlichen Zeitraum des Abstinenznachweises sollten Sie
sich in jedem Fall fachkundig beraten lassen (MPU-Vorbereitung)!
Neben dem Abstinenznachweis
ist die Inanspruchnahme fachlicher Hilfe zur Vorbereitung auf die MPU dringend anzuraten (Alkohol- bzw.
Drogenberatungsstelle, Psychotherapeut, Verkehrspsychologe oder andere fachlich qualifizierte Intervention)!
Abstinenznachweise
bei Alkohol
Der
Nachweis der Alkoholabstinenz kann durch die Teilnahme an einem
EtG-Kontrollprogramm oder Haarproben erbracht werden.
Ethylglucuronid
(EtG) ist ein Stoffwechselprodukt, das beim Alkoholabbau im
menschlichen Körper entsteht. Der Nachweis von EtG in Urin oder
Haaren lässt ab einem bestimmten Schwellenwert auf Alkoholkonsum schließen. Umgekehrt können Sie durch die Teilnahme an einem
EtG-Kontrollprogramm mit Urinkontrollen (alternativ: Haarproben) ihre
Alkoholabstinenz belegen. Das EtG-Kontrollprogramm kann für 6 Monate
(4 Urinkontrollen) oder 12 Monate (6 Urinkontrollen) in Auftrag
gegeben werden. In der Regel können auch andere Zeiträume vereinbart werden. Mit einer Haaranalyse können Sie Ihre
Alkoholabstinenz für die zurückliegenden 3 Monate belegen.
Erhöhte Leberwerte können einen Hinweis auf Alkoholmissbrauch darstellen. Ein Abstinenznachweis ist durch
die Erhebung von Leberwerten (Gamma-GT, GOT, GPT, MCV, evtl. CDT) nicht zu erbringen!
Abstinenznachweise
bei illegalen Drogen
Der
Nachweis der Drogenabstinenz kann durch die Teilnahme an einem
Drogenkontrollprogramm (Urinkontrollen) oder eine Haaranalyse (1 cm =
1 Monat) erbracht werden. Dabei muss es sich grundsätzlich um ein
polytoxikologisches Screening handeln.
Getestet
wird auf
- Cannabinoide
- Morphin (Heroin, Codein etc.)
- Methadon
- Amphetamine incl. Ecstasy
- Kokain
- Benzodiazepine
Je nach Vorgeschichte müssen weitere Substanzen getestet werden! So muss z.B. bei
einer „Opiatvorgeschichte“ zusätzlich auf Tramadol, Tilidin
und Buprenorphin (Subutex, Suboxone) getestet werden (Zusatzstoffe).
Mit
einer Haaranalyse kann die Abstinenz von illegalen Drogen für einen
Zeitraum von bis zu 6 Monaten (Alkohol: höchstens 3 Monate) belegt
werden. So kann z.B. eine einjährige Drogenabstinenz mit zwei Haarproben a 6
cm dokumentiert werden. Allerdings dürfen die Haare nicht chemisch
behandelt worden sein.
Nach den Beurteilungskriterien der MPU-Gutachter (BK 4: Beurteilungskriterien, 4. Auflage - siehe Literatur) sind an
Drogenkontrollprogramme bestimmte Qualitätsanforderungen
entsprechend den Chemisch-Toxikologischen Untersuchungskriterien
(sog. CTU-Kriterien) zu stellen:
- Die Urinkontrollen müssen kurzfristig und unvorhersehbar anberaumt werden. Zwischen Einbestellung und Urinkontrolle sollten nicht mehr als 24 Stunden liegen.
- Der Urin muss unter Aufsicht (Sichtkontrolle) abgegeben werden.
- Die zu testende Person muss sich ausweisen (Identitätskontrolle).
- Der Urin muss durch ein für forensische Zwecke akkreditiertes Labor untersucht werden.
- Das Labor muss sich an den verbindlichen Norm- und Cut-off-Werten orientieren.
- Der Kontrollzeitraum ist von vornherein definiert. Einzeltests werden in der Regel nicht akzeptiert.
Abstinenznachweise, welche die CTU-Kriterien erfüllen, werden u.a. von den
Begutachtungsstellen für Fahreignung angeboten.
Die
Untersuchungsergebnisse des Drogenkontrollprogramms bzw. der
Haaranalyse(n) werden in einer Bescheinigung (Zertifikat) festgehalten.
Wichtig:
Bevor Sie ein EtG- oder
Drogenkontrollprogramm in Auftrag geben oder eine Haarprobe abgeben, sollten Sie sich sicher
sein, dass keinerlei Drogen oder deren Abbauprodukte mehr in Ihrem
Urin bzw. in Ihren Haaren nachweisbar sind. Wenn Sie z.B. in der Vergangenheit Cannabis konsumiert haben, kann dies im für Sie ungünstigsten Fall bis zu 12 Wochen nachweisbar sein. Zwischen dem Ende des Drogenkontrollprogramms
(Vertragsende) und der MPU sollten nicht mehr als 8 bis 10 Wochen vergehen,
damit keine Nachweislücke entsteht! Vergehen mehr als 8 bis 10 Wochen,
müssen Sie sich darauf einstellen, dass der MPU-Gutachter eine
zusätzliche Haarprobe (auf Ihre Kosten) von Ihnen verlangt, damit
die Nachweislücke geschlossen werden kann. Sind zum Zeitpunkt der
MPU mehr als 4 Monate seit Ende des Drogenkontrollprogramms (Vertragsende bzw. Datum der
letzten Haarprobe) vergangen, sind die erbrachten Abstinenznachweise
bei der Begutachtung praktisch wertlos, wenn die Nachweislücke nicht geschlossen werden kann (z.B. durch eine Haarprobe).
Die
Einnahme von Medikamenten, das Passivrauchen von Cannabis, der Konsum
von Mohnprodukten und andere Faktoren können unter Umständen die
Testergebnisse verfälschen! Aus diesem Grund werden Sie bei der Abgabe
von Urin oder Haaren danach gefragt, ob Sie aktuell Medikamente
einnehmen bzw. eingenommen haben. Weitere Informationen können Sie dem
Beitrag "Abstinenznachweise bei der Drogen-MPU" entnehmen.
Literatur:
Deutsche Gesellschaft für
Verkehrspsychologie und Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin
(Hrsg.); Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung.
Beurteilungskriterien; 4. Auflage, Bonn 2022.