Sonntag, 7. Januar 2024

Abstinenznachweise im Rahmen der MPU-Vorbereitung

von Robert Bischoff


Für eine erfolgreiche Teilnahme an der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) ist es in der Regel nötig, dass der alkohol- bzw. drogenauffällige Kraftfahrer seine Alkohol- und/oder Drogenfreiheit (Abstinenz) nicht erst zum Zeitpunkt der MPU, sondern bereits über einen ausreichend langen Zeitraum vor der MPU nachweisen kann. In Bezug auf den in Ihrem individuellen Fall erforderlichen Zeitraum des Abstinenznachweises sollten Sie sich in jedem Fall fachkundig beraten lassen (MPU-Vorbereitung)!
Neben dem Abstinenznachweis ist die Inanspruchnahme fachlicher Hilfe zur Vorbereitung auf die MPU dringend anzuraten (Alkohol- bzw. Drogenberatungsstelle, Psychotherapeut, Verkehrspsychologe oder andere fachlich qualifizierte Intervention)!

Abstinenznachweise bei Alkohol

Der Nachweis der Alkoholabstinenz kann durch die Teilnahme an einem EtG-Kontrollprogramm oder Haarproben erbracht werden.

Ethylglucuronid (EtG) ist ein Stoffwechselprodukt, das beim Alkoholabbau im menschlichen Körper entsteht. Der Nachweis von EtG in Urin oder Haaren lässt ab einem bestimmten Schwellenwert auf Alkoholkonsum schließen. Umgekehrt können Sie durch die Teilnahme an einem EtG-Kontrollprogramm mit Urinkontrollen (alternativ: Haarproben) ihre Alkoholabstinenz belegen. Das EtG-Kontrollprogramm kann für 6 Monate (4 Urinkontrollen) oder 12 Monate (6 Urinkontrollen) in Auftrag gegeben werden. In der Regel können auch andere Zeiträume vereinbart werden. Mit einer Haaranalyse können Sie Ihre Alkoholabstinenz für die zurückliegenden 3 Monate belegen.

Erhöhte Leberwerte können einen Hinweis auf Alkoholmissbrauch darstellen. Ein Abstinenznachweis ist durch die Erhebung von Leberwerten (Gamma-GT, GOT, GPT, MCV, evtl. CDT) nicht zu erbringen!

Abstinenznachweise bei illegalen Drogen

Der Nachweis der Drogenabstinenz kann durch die Teilnahme an einem Drogenkontrollprogramm (Urinkontrollen) oder eine Haaranalyse (1 cm = 1 Monat) erbracht werden. Dabei muss es sich grundsätzlich um ein polytoxikologisches Screening handeln.

Getestet wird auf

  • Cannabinoide
  • Morphin (Heroin, Codein etc.)
  • Methadon
  • Amphetamine incl. Ecstasy
  • Kokain
  • Benzodiazepine

Je nach Vorgeschichte müssen weitere Substanzen getestet werden! So muss z.B. bei einer „Opiatvorgeschichte“ zusätzlich auf Tramadol, Tilidin und Buprenorphin (Subutex, Suboxone) getestet werden (Zusatzstoffe).

Mit einer Haaranalyse kann die Abstinenz von illegalen Drogen für einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten (Alkohol: höchstens 3 Monate) belegt werden. So kann z.B. eine einjährige Drogenabstinenz mit zwei Haarproben a 6 cm dokumentiert werden. Allerdings dürfen die Haare nicht chemisch behandelt worden sein.

Nach den Beurteilungskriterien der MPU-Gutachter (BK 4: Beurteilungskriterien, 4. Auflage - siehe Literatur) sind an Drogenkontrollprogramme bestimmte Qualitätsanforderungen entsprechend den Chemisch-Toxikologischen Untersuchungskriterien (sog. CTU-Kriterien) zu stellen:

  1. Die Urinkontrollen müssen kurzfristig und unvorhersehbar anberaumt werden. Zwischen Einbestellung und Urinkontrolle sollten nicht mehr als 24 Stunden liegen.
  2. Der Urin muss unter Aufsicht (Sichtkontrolle) abgegeben werden.
  3. Die zu testende Person muss sich ausweisen (Identitätskontrolle).
  4. Der Urin muss durch ein für forensische Zwecke akkreditiertes Labor untersucht werden.
  5. Das Labor muss sich an den verbindlichen Norm- und Cut-off-Werten orientieren.
  6. Der Kontrollzeitraum ist von vornherein definiert. Einzeltests werden in der Regel nicht akzeptiert.

Abstinenznachweise, welche die CTU-Kriterien erfüllen, werden u.a. von den Begutachtungsstellen für Fahreignung angeboten.

Die Untersuchungsergebnisse des Drogenkontrollprogramms bzw. der Haaranalyse(n) werden in einer Bescheinigung (Zertifikat) festgehalten.

Wichtig: Bevor Sie ein EtG- oder Drogenkontrollprogramm in Auftrag geben oder eine Haarprobe abgeben, sollten Sie sich sicher sein, dass keinerlei Drogen oder deren Abbauprodukte mehr in Ihrem Urin bzw. in Ihren Haaren nachweisbar sind. Wenn Sie z.B. in der Vergangenheit Cannabis konsumiert haben, kann dies im für Sie ungünstigsten Fall bis zu 12 Wochen nachweisbar sein. Zwischen dem Ende des Drogenkontrollprogramms (Vertragsende) und der MPU sollten nicht mehr als 8 bis 10 Wochen vergehen, damit keine Nachweislücke entsteht! Vergehen mehr als 8 bis 10 Wochen, müssen Sie sich darauf einstellen, dass der MPU-Gutachter eine zusätzliche Haarprobe (auf Ihre Kosten) von Ihnen verlangt, damit die Nachweislücke geschlossen werden kann. Sind zum Zeitpunkt der MPU mehr als 4 Monate seit Ende des Drogenkontrollprogramms (Vertragsende bzw. Datum der letzten Haarprobe) vergangen, sind die erbrachten Abstinenznachweise bei der Begutachtung praktisch wertlos, wenn die Nachweislücke nicht geschlossen werden kann (z.B. durch eine Haarprobe).

Die Einnahme von Medikamenten, das Passivrauchen von Cannabis, der Konsum von Mohnprodukten und andere Faktoren können unter Umständen die Testergebnisse verfälschen! Aus diesem Grund werden Sie bei der Abgabe von Urin oder Haaren danach gefragt, ob Sie aktuell Medikamente einnehmen bzw. eingenommen haben. Weitere Informationen können Sie dem Beitrag "Abstinenznachweise bei der Drogen-MPU" entnehmen.



Literatur: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie und Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin (Hrsg.); Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung. Beurteilungskriterien; 4. Auflage, Bonn 2022.

 

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